Samstag, 27. Oktober 2012

Wenn es denn so einfach wäre…

Brief an den Umweltbeirat von einem Wedeler Bürger. Briefe geben nicht automatisch die Meinung aller BI Mitglieder wieder.

Sehr geehrter Herr Schumacher,

dem Schriftsatz vom 15.10.2012 habe ich entnommen, dass der Umweltbeirat die Initiative von Vattenfall begrüsst, das bestehende Kohlekraftwerk durch ein moderneres GuD zu ersetzen. Wenn es denn so einfach wäre…

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass die Stadt Wedel bisher die Anwohner, nach meinem Kenntnisstand, nur unzureichend über das mögliche neue Kraftwerk Wedel informiert hat. Daher hat sich in Wedel einer BI gegründet, die anwaltlich vertreten wird und zu dem die Anwohner über 1.600 Einwendungen bei dem Landesamt für Landwirtschaft , Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein eingereicht haben. Da sind m. E. über 5.000 Fragen an Vattenfall, die geklärt werden müssen, wenn nötig, in einem anschließenden gerichtlichen Verfahren.

1. Kraftwerkstandort Wedel

Die Menschen, die heute am Elbhochufer leben, sind in ein reines Wohngebiet gezogen. Das jetzige Kohlekraftwerk sollte im Jahr 2012 geschlossen werden. Das hat viele Bürger veranlasst, in dieses Gebiet zu ziehen. Im Genehmigungsverfahren hat nun Vattenfall daraus eine Gemengelage angenommen und somit die Einhaltung der Lärmgrenzen nach oben verschoben.

Anscheinend ist Ihnen nicht bekannt, dass die Kapazität des möglichen neuen Kraftwerks GuD bei 1.443 MW oder alternativ bei 971 MW liegen soll – das jetzige KoKw hat eine Kapazität von ca. 400 MW. Wie Sie da von einer verbesserten Energiebilanz gegenüber dem jetzigen KoKw schreiben, ist mir unverständlich. Auch sollte dem Umweltbeirat bekannt sein, dass das mögliche neue GuD nicht durch Wasser aus der Elbe gekühlt werden darf. Bitte legen Sie uns das Gutachten von Vattenfall zum CO2 Ausstoß vor. Wir haben bisher keine Information erhalten.

2. Energiewende

Meine Begeisterung für die Energiewende hält sich in Grenzen. Bitte informieren Sie sich doch über die Einspeisung von regenerativer Energie, insbesondere für die Versorgung in Schleswig-Holstein. Das kann doch bei näherer kritischer Betrachtung niemand gut finden oder unterstützen !

3. Die Rolle der Kommunalpolitik

Ich weiß nicht, aus welchen Quellen Sie die Information bezogen haben, dass Vattenfall als Alternative ein Kohlekraftwerk plant (nach dem Dilemma in Moorburg).

Wie ich aus der vorliegenden Stellungnahme von Ihnen entnommen habe, sind Sie der Ansicht, dass bei einem überdimensionierten GuD Kraftwerk die Umweltbelastungen geringer werden sollen. Die Argumentation kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollzogen werden.

Eine Grundschule in der Nähe, 2 Kindergärten dazu und ein reines Wohngebiet von Wedler Bürger in nur 150 m Entfernung. Was ist mit dem Regionalplan, der dem gesamten Nahbereich Wedel eine herausragende Bedeutung für die Naherholung verspricht? Wie beeinträchtigt dabei das Bauvorhaben das Ortbild im Sinne des §34? Regionalplanung sollte für die Gemeinde eine herausragende Bedeutung haben.

Warum gibt es nur eine Ansicht von der Südseite her - ist Ihnen das aufgefallen ?

Zu beachten ist außerdem die besondere Schutzwürdigkeit eines Ortsteils auf Grund seiner geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung . Allein die Grösse der Werbeanlage von 20,5 x 4,6 m von Vattenfall an der Turbinenhalle wird das Ortsbild verändern, wo doch die alte " Arbeitersiedlung" nur in 200 m Entfernung beginnt (in der noch nicht einmal Garagen für die PKW´s gebaut werden dürfen).

4. Bürgerinteressen im Genehmigungsverfahren

Am 28.11.2012 beginnt die Erörterung der Einwendungen im Wedler TSV. Dann werden wir weiter sehen. Zu Ihrer Information, es ist nicht nur Baulärm und Materialtransport, der anfallen wird. Es ist von Vattenfall geplant, eine Montage der Stahlgerüste usw. aus Kostengründen vor Ort vorzunehmen. Ebenfalls aus Kostengründen sollen auch Rammarbeiten durchgeführt werden, obwohl es andere technische Verfahren gibt.

Mir ist aufgefallen, dass die Stellungnahme vom Umweltbeirat die Probleme der Bürger bei Bau und der späteren Betreibung nicht genügend würdigt. Ich könnte mir einen Dialog zwischen dem Umweltbeirat und der BI in Wedel gut vorstellen, damit die Ängste vor diesem Mega-Projekt den Bürgern genommen werden und eine sinnvolle Größenordnung zum Bau des möglichen GuD bestimmt würde.

Im Gegensatz zu Ihren Ausführungen möchte ich noch mitteilen, dass zu den wesentlichen Pflichten der Ratsmitglieder die Einholung fundierter Informationen zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der Entscheidung gehört. Nach der ständigen Rechtsprechung werden Ratsmitglieder bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne tätig (vgl. LG Münster u.a). So einfach werden die Ratsmitglieder nicht aus der Haftung entlassen.

Ich bitte den Umweltbeirat um eine neutrale Beurteilung der Kraftwerks-Situation und bitte auch zu bedenken, dass mit dieser Entscheidung die nächsten 2 bis 3 Generationen leben müssen.

Mit freundlichen Grüßen,
ein Wedeler Bürger (Name dem Umweltbeirat bekannt)

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