Samstag, 30. Juli 2016

Feuerwerk in allen Farben

Wir, die AnwohnerInnen rund um Wedels Kraftwerksfossil, sind ja schon Einiges gewohnt, aber was am Mittwoch Morgen nach dem Aufwachen zu finden war, hat alles bisherige übertroffen. Großflächig waren und sind PKWs, Markisen, Glasdächer, Terrassen und Möbel mit weißen Placken überseht. Zusätzlich hat es auch noch grüne Bröckchen geregnet! Unzumutbar. Auch letzte Woche gab es schon Partikel-Ausstoß, der eine gelbliche Färbung hatte.

Vattenfall und die zuständige Überwachungsbehörde in Kiel (LLUR) behaupten seit Jahren unisolo, dass der bekannte weiße Plackenregen lediglich aus reinem Gips besteht. Das LLUR verweigert seit Jahren eine Beprobung, obwohl keineswegs ausgeschlossen werden kann, dass sich in den Partikeln Rückstände aus der Kohle, zum Beispiel Quecksilber, befinden können.

Bei grünlichen Placken ist es gänzlich ausgeschlossen, dass es sich um reinen Gips handeln kann. Das LLUR hat uns Anfang des Jahres zum Partikel-Ausstoß Folgendes mitgeteilt: "Allenfalls ist in diesem Zusammenhang von Belästigungen zu sprechen" und auf zivilrechtlich zu klärenden Schadenersatz verwiesen.
Dazu habe ich gestern mit Vattenfall telefoniert.

Für alle Geschädigten: PKW-Waschgutscheine liegen beim Werkschutz am Kraftwerk bereit. Auch können Verunreinigungen an Vattenfall gemeldet werden, damit Termine mit Reinigungsfirmen vereinbart werden können.
Mail: stefan.troeber@vattenfall.de

Vattenfall hat am Donnerstag auf unsere massiven Beschwerden reagiert.
Das Kohlekraftwerk wurde herunter gefahren und Vattenfall hat eine Probeentnahme veranlasst und in ein Labor geschickt.

Der Partikel-Ausstoss sollte eigentlich nicht mehr stattfinden.
Aus einer Mail vom LLUR aus dem Dezember 2015:
"Da bis zum Ende dieser Betriebsperiode keine relevanten Partikelniederschläge zu erwarten sind und durch die Reinigung des Schornsteins im kommenden Sommer ein Gipsauswurf in der darauffolgenden Heizperiode (2016/ 2017) vermieden werden kann, bestehen gegen den von der Fa. Vattenfall vorgestellten Zeitplan keine Bedenken."
Vattenfall hat nach eigenem Bekunden eine Reinigung des Schornsteins vorgenommen. Das Ergebnis ist ja schlimmer als vorher. Das LLUR hat Vattenfall bisher einen großzügigen Zeitplan zum Abstellen des Partikel-Auswurfs genehmigt.

Das Hamburger Abendblatt hat heute über den "Fall" berichtet: Vattenfall lässt Kraftwerks-Ausstoß untersuchen.
Dort finden sich Sätze der Vattenfall-Pressprecherin Hillmer wie:
"Wir haben Proben des Niederschlages genommen und lassen aktuell prüfen, ob es sich um einen Auswurf durch das Kraftwerk handeln könnte"
Wer, außer Vattenfall, soll der Verursacher sein? Und:
"Das Kraftwerk wurde runtergefahren. Laut Hillmer soll das aber an nötigen Restarbeiten aufgrund der derzeitigen Revision liegen und nicht an dem Ausstoßproblem. Block 1 wird laut Hillmer am Wochenende wieder angefahren. Block 2 soll dann voraussichtlich Ende der kommenden Woche folgen."
Es ist nicht davon auszugehen, dass das Kohlekraftwerk aufgrund von "Restarbeiten" runtergefahren wurde. Die Laborergebnisse sollen nächste Woche vorliegen. Trotzdem möchte Vattenfall das Kraftwerk schon jetzt am Wochenende wieder anfahren.

Wir haben die Kieler Behörde aufgefordert, ein Anfahren zu untersagen, bevor die Ergebnisse vorliegen. Zumal das Kohlekraftwerk im Sommer überhaupt nicht benötigt wird.

Auch die Ursache ist nicht geklärt. Viele Anwohnerinnen (selbst in Rissen) wurden in der Nacht zu Mittwoch gegen 4:50 Uhr von einem lauten Knall geweckt.
Aufgrund des Ausmaßes der Verschmutzung und der Verfärbungen kann es sich durchaus um eine Verpuffung gehandelt haben.

Hier noch ein weitere Artikel zum Thema aus dem Wedel-Schulauer Tageblatt:
Kraftwerk-BI: „Das ist beängstigend“

Kerstin Lueckow
Für die BI

Samstag, 16. Juli 2016

Sommerinterviewwende

Der NDR 90,3 hat Hamburgs Umwelt-Senator Kerstan (Grüne) befragt. Das Hauptthema ist die Hamburger Fernwärme und der Ersatz des Kohlekraftwerks Wedel.
In Wedel und Rissen können die Anwohner aufatmen: Sie bekommen kein neues Kraftwerk vor die Tür gesetzt. Wie aber soll die künftige Wärmeversorgung im Hamburger Westen aussehen, wenn das alte Kohlekraftwerk in Wedel vom Netz geht? Auf diese Frage muss Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) noch in diesem Jahr eine Antwort finden. NDR 90,3 sprach mit ihm im Sommerinterview darüber.
Unbedingt reinhören:
Kerstan: Gaskraftwerk Wedel ist vom Tisch

Kerstin Lueckow,
für die BI

Mittwoch, 13. Juli 2016

Aus für Kraftwerksstandort Wedel

Klageverfahren zum GuD aussetzen!

Am 30.06.2016 fand in Hamburg die 2. Sitzung des neu eingerichteten Energienetzbeirats statt. Nach dem Hamburger Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze wird Hamburg am 01.01.2019 neben dem Strom- und Gasbereich auch die Fernwärme samt Kohlekraftwerk und Grundstück in Wedel von Vattenfall übernehmen. Der Energienetzbeirat, bei dem neben den Hamburger Fraktionen auch
Vertreter vom BUND und Nichtregierungsorganisationen beteiligt sind, ist ein Schritt in Richtung demokratische Beteiligung.

Über die Sitzung hat das Wedeler Tageblatt am 02. Juli 2016 ausführlich berichtet. Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hat dabei ganz klare Aussagen zum Standort Wedel getätigt:

Zitate aus den Artikel:
"In den Überlegungen für die künftige Fernwärmeversorgung der Metropole spiele die Nachbarstadt keine Rolle".
"Wir gehen von einem Abriss des Kraftwerks und einem Teilabriss der Wedeler Fernwärmeleitungen aus."
Insgesamt 18 KlägerInnen aus Wedel und Rissen haben Klage gegen den Bau eines GuD-Großkraftwerks am Standort Wedel eingereicht. Diese Klageverfahren jetzt weiter zu führen, obwohl keine Bauabsicht besteht, macht keinen Sinn mehr.
Daher sollten die Klageverfahren jetzt zumindest ruhend gestellt, also auf Eis gelegt werden. Bisher ist es Vattenfalls Anwalt, der die Verfahren eher forciert statt diese der Realität anzupassen.

Die Hamburger Linksfraktion hat dazu einen Antrag an die Hamburger Bürgerschaft formuliert.
In dem Antragsentwurf fordert der energiepolitischer Sprecher der Linksfraktion, Stephan Jersch, dass das Land Hamburg als Anteilseigner und künftiger Eigentümer der Fernwärme samt des alten Kohleheizwerks gegenüber Vattenfall dafür sorgen solle, dass die „bestehende Genehmigung für ein Ersatzkraftwerk am Standort Wedel zurückgezogen wird“. Außerdem solle die Stadt als Anteilseigner gegenüber Vattenfall dafür „Sorge tragen, dass die derzeit anhängigen Klageverfahren gegen einen Ersatzbau in Wedel vorerst, bis zum Übergang des Standorts Wedel in den Besitz der FHH, ruhend gestellt werden“.

Hier noch 2 weitere, interessante Artikel zum Thema:
Nun bleibt das Kohlekraftwerk. Derzeit geht man in Hamburg davon aus, dass der Steinkohle-Oldie noch bis 2021 weiter läuft, bis eine Nachfolgelösung steht.
Schon jetzt gibt es keine Notwendigkeit, mit Wedels Dreckschleuder ganzjährig Kohle zu verbrennen. Vattenfall möchte das neue Heizwerk (150 MWth.) am Haferweg in Altona ja bekanntlich nicht nutzen. Immerhin wurde auf der Sitzung am 30.06.2016 jetzt mitgeteilt, dass Hamburg nach dem Rückkauf in 2019 zumindest einen Kessel (von 3) heranziehen möchte. Auch könnte durch den Zubau von Anlagen in Hamburg die Leistung des Kohlekraftwerks sukzessive zurückgefahren werden.
Ein weiterer Rund-um die-Uhr Betrieb des Kohlekraftwerks bis 2021 ist nicht akzeptabel. Für die Hamburger Fernwärme reicht es vollkommen aus, wenn Wedel im Winter zugeschaltet und dann möglichst schnell abgeschaltet wird.

Kerstin Lueckow,
für die BI