Mittwoch, 27. Januar 2016

Wedeler Spezialität: Quecksilber-Fall-Out

Offener Brief von Gudrun Hinz-Warnke an Minister Robert Habeck zum Neujahrsempfang der "Grünen" in Wedel.

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Habeck,

zum Neujahrsempfang der "Grünen" in Wedel haben Sie in Ihrer Rede den Klimaschutz zur Sprache gebracht. Von Anfang an war Ihr Amtsantritt bei uns in Wedel mit großen Hoffnungen verbunden. Ein Umweltminister der "Grünen" würde sich sicher für die Umwelt und damit für das Interesse der Bevölkerung an einer sauberen und gesunden Umwelt stark machen.

Wedel wirbt für sich als "die Stadt mit frischem Wind". Doch in Wirklichkeit gilt die Stadt in weiten Teilen der Bevölkerung als Risikostandort. Das gilt insbesondere für junge Familien. Wedel ist der Ort, wo eines der ältesten Kohlekraftwerke Deutschlands betrieben wird. Dessen Laufzeit soll nun verlängert werden.

Zuerst hat es die Presse offengelegt (FAZ, DIE ZEIT, DER SPIEGEL) und in der Folge ist es im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen: Das Kraftwerk Wedel bläst, wegen der veralteten Technik, unzulässig viel Quecksilber und Quecksilberverbindungen in die Luft. Endgültig wurde durch eine Studie (die Ihre Parteikollegen Bärbel Höhn und Oliver Krischer, in Auftrag gegeben hatten) allgemein deutlich, dass es sich bei Quecksilberausstoß nicht um einen harmlosen Nebeneffekt bei der Umwandlung von Energie handelt. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der gesetzlich festgelegte Grenzwert an Quecksilber nicht signifikant überschritten wird, haben Quecksilberemissionen dramatische Folgen.

Allgemein wird bei diesem Übel nun erwartet, dass ein "grüner Minister" in Sinne der Bevölkerung handelt. Es reicht nicht, wenn gegen sichtbaren Niederschlag auf Autos, die Anwohner mit Gutscheinen für eine Autowäsche entschädigt werden.
Stattdessen bleibt nach allem, was nach und nach herauskommt, die Situation beim 'status quo'.

Sogenannte Kontrollen werden mit Wissen der Behörde von Vattenfall selbst vorgenommen. Dank einer Ausnahmegenehmigung durch die Ihnen unterstellte Behörde (LLUR) finden nur einmal im Jahr und nur 1,5 Std. lang Messungen statt. Das Ergebnis lautet: Der Grenzwert werde sogar noch unterschritten. Während man bei der Überwachungsbehörde die deutliche Reduzierung des Quecksilbers auf neue Filteranlagen zurückführt, weiß die Pressesprecherin von Vattenfall davon aber nichts (Hamburger Abendblatt vom 12.01.16).

Ähnlich durchdacht, wurde der Schallpegel des Kraftwerks durch das LLUR begutachtet: Vor Ort am Tag der "Begutachtung" - eine wohltuende Ruhe, anderntags Dröhnen und Rattern bis weit nach Rissen hinein hörbar.

Unser Bürgermeister, Niels Schmidt, hat symbolisch die Rolle des Politikers, der Probleme aussitzt, ausgesprochen: Es sieht sich in der ganzen Angelegenheit in einer "Zuschauerrolle".

Auf Nachfragen der BI vor Ort antworteten Sie: "Ich werde das im Auge behalten". Dabei darf es nicht bleiben.
Noch nicht entmutigt, grüße ich Sie
Gudrun Hinz-Warnke

Sonntag, 24. Januar 2016

Dreckschleuder Wedel: Brauchen wir das?

Nach den vielen Diskussionen der letzten Wochen über den hohen Schadstoffausstoß von einem der ältesten Kohlekraftwerke in Deutschland hat die Energienetz Hamburg eG diese Frage näher beleuchtet.

Spätestens zur nächsten Heizperiode geht ein neues Gas-Heizwerk am Haferweg in Altona in Betrieb. Dieses moderne Heizwerk könnte vorrangig zum Kohlekraftwerk Wedel betrieben werden. Warum könnte? Das alte, abgeschriebene Kohlekraftwerk Wedel im Ganzjahres-Dauerbetrieb rechnet sich einfach sehr gut für Vattenfall! Aber kann das das einzige Argument sein?

Alle relevanten Netzdaten zum Vattenfall-Fernwärmenetz in Hamburg sowie die Bedarfszahlen sind nicht öffentlich einsehbar. Lediglich die Hamburger Umweltbehörde (BUE) soll demnächst Zugang zu den Daten erhalten. Anhand aller bisher bekannten Faktoren hat die Energienetz Hamburg eG folgende Präsentation erstellt und am letzten Donnerstag mit der Landesarbeitsgruppe der Hamburger Grünen und Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan diskutiert:
Bewertung Einsatzreihenfolge Wedel / Haferweg
Fazit:
1. Das Kohlekraftwerk Wedel emittiert im Vergleich zu anderen Kohlekraftwerken in Deutschland eine prozentual große Menge an gesundheitsschädlichem Quecksilber. Bisher ist das KoKW aber von einer täglichen Überwachung des Quecksilbers in Wedel befreit. Das Ökopol-Institut (neue Quecksilber-Studie) hat dazu im Januar eine Stellungnahme an die Kieler Aufsichtsbehörde (LLUR) verfasst:
Bisher ist eine exakte Messung von Quecksilber in Wedel unmöglich, da nur 1 mal pro Jahr für 90 Min. gemessen wird und die Gesamtmenge ausschließlich auf Berechnungen von Vattenfall basiert, der Stichproben von Vattenfall für Kohle, Asche (Schlacke) und Filterstaub (Flugasche) zugrunde liegen.
Die Pressesprecherin von Vattenfall hat für 2015 wieder sehr hohe Quecksilber-Werte für Wedel bekannt gegeben (15 µg/m3). Wir erwarten vom Kieler Umweltministerium, dass die bisherige Befreiung von der täglichen Messung des Quecksilbers in Wedel aufgehoben wird. Die Überwachung des Kohlekraftwerks muss dauerhaft erfolgen und sofort online publiziert werden!
Nach Berechnungen des Ökopol-Instituts könnte der Quecksilber-Ausstoss in Wedel mit bestmöglichen Filtern auf ca. 4 kg reduziert werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 hat das Kohlekraftwerk 62 kg emittiert.

2. Es ist ohne Weiteres möglich, das Heizwerk Haferweg nach Inbetriebnahme vorrangig zu Wedel zu betreiben, da die Versorgungssicherheit der Hamburger mit Wärme gegeben ist. Eine gute Variante ist, das Kohlekraftwerk nur noch an 300 Stunden pro Jahr zu Spitzenlastzeiten zu betreiben. Eine solche Fahrweise würde eine teure Nachrüstung mit neuen Filteranlagen zur Einhaltung von neuen EU-Richtlinien zum 01.01.2019 unnötig machen (Ausnahmeregelung Quecksilber). Der Schadstoff-Ausstoss in Wedel würde sich alleine durch die geringen Betriebsstunden sehr deutlich reduzieren. Auch müssen die vorliegenden Konzepte zur dezentralen Wärmeversorgung in Hamburg schnellstmöglich umgesetzt werden.

Das Kohlekraftwerk Wedel ist ein Dinosaurier unter Deutschlands Kraftwerken und gehört schnellstmöglich abgeschaltet!

Kerstin Lueckow
Für die BI

Sonntag, 17. Januar 2016

Abschaltjahr in Wedel?

Am 28. Februar 2016 ist Bürgermeisterwahl in Wedel!
Eigentlich standen 3 KandidatInnen zur Wahl. Aufgrund einer schweren Erkrankung musste Eckhard Frahm (SPD-Kandidat) seinen Wahlkampf letzte Woche leider abbrechen.
Lieber Eckhard: Wir wünschen Dir schnell gute Besserung! Alles Liebe für Dich und Deine nette Familie.

Claudia Wittburg, Bürgermeisterkandidatin für Wedel, hat am letzten Donnerstag an einem Treffen der Bürgerinitiative teilgenommen.


Das Hauptthema des Abends waren die enormen Schadstoffbelastungen aus dem veralteten Kohlekraftwerk Wedel: Dazu zählen nicht nur Quecksilber, sondern auch Nickel und Arsen!

Was sagen u.a. die BürgermeisterkandidatInnen zum Thema Kraftwerk(e), Quecksilber und andere Themen wie Hafen und Transparenz?

In einer Facebook-Diskussion können sich die WählerInnen ein erstes Bild machen:
https://www.facebook.com/mein.wedel/posts/451542921699787 (Kommentare klicken)

Kerstin Lueckow
Für die BI

Samstag, 2. Januar 2016

Alles Gute fürs neue Jahr und am Ende wird alles gut?

Wir wünschen allen LeserInnen ein glückliches, erfolgreiches und gesundes 2016!

Was passiert in Sachen Kraftwerk(e) Wedel in 2016? Spannend! Nun soll in diesem Jahr die finale Entscheidung zur "Hamburger Fernwärme" getroffen werden. Wie war das eigentlich? Sollte das nicht auch in 2015 so sein? Und in 2014?
Tja...

Eigentlich sah ein gemeinsamer Vertrag zwischen Vattenfall und der Hansestadt Hamburg vor, dass eine endgültige Entscheidung über den Bau des überdimensionierten Gas- und Dampfturbinenkraftwerk (GuD) in Wedel bis zum Ende 2015 getroffen wird. In einer gemeinsamen Aufsichtsratssitzung im Dezember 2015 hat man sich nun immerhin dazu entschieden, das GuD derzeit nicht bauen zu wollen.
Eingetreten ist das sogenannte "Alternativszenario". Dies bedeutet, dass die Kraftwerks-Planungen hinsichtlich Technik und Standorte wieder offen sind. Die Hansestadt Hamburg übernimmt spätestens am 01.01.2019 das Fernwärmenetz samt Kohlekraftwerk und Grundstück in Wedel. Der Hintergrund ist der Hamburger Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze aus dem Jahre 2013, bei dem die Mehrzahl der Hamburger Bürgerinnen und Bürger für den Rückkauf von Vattenfall gestimmt haben.

Zur Entscheidung im Dezember folgt eine Erklärung des Amtsleiters der Hamburger Umweltbehörde im Auftrag von Olaf Scholz an eine Hamburger Bürgerin:
"Es ist unser Bestreben, dass alte Kohlekraftwerk Wedel schnellstmöglich durch eine klimaverträgliche Form der Wärmeerzeugung zu ersetzen. Die VWH (Anmerkung: gemeinsame Gesellschaft zwischen Vattenfall und Hamburg) hat am 08.12.2015 entschieden, das GuD-Kraftwerk in Wedel zunächst nicht zu bauen, da die energiepolitischen Rahmenbedingungen derzeit einen wirtschaftlichen Betrieb nicht möglich machen. Stattdessen muss das alte Kraftwerk Wedel zunächst weiterlaufen, bis eine Ersatzlösung für eine sichere und umweltfreundliche Wärmeversorgung gefunden ist."
Im Rahmen der Antragstellung zum GuD im Jahr 2012 hat die Stadt Wedel auf Bestreben von Bürgermeister Niels Schmidt auf einen Bebauungsplan für die Kraftwerksfläche und somit auch auf die planerischen Rechte verzichtet. Damit wurden auch die BürgerInnen um den größten Teil der Bürgerbeteiligung gebracht. Schon zum damaligen Zeitpunkt lag ein Gutachten einer anerkannten Beratungsgesellschaft vor, das die Wirtschaftlichkeit des geplanten GuDs sehr in Frage gestellt hat.
Wir Bürgerinnen und Bürger können stolz sein! Ohne uns wäre der Bau des GuDs längst im Gange. Eine 500-Millionen Investitionsruine brauchen wir in Wedel nicht!

Auf Bestreben des Hamburger Senats soll die Fa. Vattenfall allerdings die Klageverfahren gegen die 19 KlageführerInnen zum GuD weiterführen. In den letzten Jahren gab es einen massiven Strompreisverfall an der deutschen Strombörse. Der Ausbau der Windenergie (Stichwort: Offshore) soll gerade im Norden noch deutlich zunehmen. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, warum die Erlöse für Strom wieder steigen sollten, wenn das Angebot an "Erneuerbaren Strom" weiter zunimmt.

Wir bitten Sie daher ganz herzlich um Ihre Mithilfe! Unterstützen Sie die Arbeit der Bürgerinitiative weiterhin mit ihren Spenden. Ganz herzlichen Dank auch an die vielen, bisherigen SpenderInnen. Ohne Ihre Unterstützung und die sehr gute Arbeit unserer Rechtsanwaltskanzlei, Dr. Fricke in Hannover, wären wir nicht bis hierher gekommen.

Die Bankverbindung lautet:
Konto: Linda Clausen-Hansen
IBAN: DE68200505501280530146
BIC: HASPDEHHXXX


Wie geht es nun weiter mit dem Kohlekraftwerk in Wedel?
Zum 01.01.2019 greift ein neues EU-Recht. Dies bedeutet, dass auch alte Kohlekraftwerke die Staub- und Quecksilber-Emissionen deutlich verringern müssen.
Das Kohlekraftwerk Wedel emittiert eine große Menge an gesundheitsschädlichen Schwermetallen. Dazu die Daten aus 2012 (Bundesumweltamt):
83 kg Quecksilber
50,4 kg Nickel
29,4 kg Arsen

Zum Vergleich: Im selben Jahr wurde in ganz Hamburg (alle Branchen) 246,7 kg Quecksilber emittiert. Davon fielen lediglich 36,2 kg auf den Energiebereich.

Nach Informationen der Bürgerinitiative müssten ca. 70 Millionen Euro in eine Ertüchtigung der alten Dreckschleuder Wedel investiert werden. Diesen Betrag könnte man absolut sinnvoller verwenden: Es liegen genügend Pläne und Gutachten auf dem Tisch!

Zum Beispiel ein Vorschlag der Fa. HanseWerk (früher EON) laut Hamburger Abendblatt: Großkraftwerk in Wedel bald überflüssig?
"Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um das Kraftwerk Wedel hat HanseWerk ein Konzept mit einem integrativen und dezentralen Ansatz entwickelt, der gleich mehrere Vorteile miteinander verbindet", sagt Jörg Lampe, Geschäftsführer von HanseWerk Natur. "Statt der Errichtung eines wenig effizienten Großkraftwerkes schlagen wir vor, mehrere hocheffiziente Blockheizkraftwerke, den Einsatz von Wärmespeichern und die Wärmeauskopplung bei bestehenden Anlagen wie Aurubis in einem innovativen, kostengünstigen und ökologischen Gesamtkonzept zu koppeln."
Und was sagen die Hamburger Grünen dazu? Dazu eine Stellungnahme der Hamburger Grünen Fraktion vom 18.12.2015: Gasmotoren als Ersatz für Wedel?
"Klar wurde auf der Reise aber auch: Es gibt nicht die EINE Lösung, um eine klimafreundliche Wärmeversorgung sicher zu stellen. Auf der Erzeugungsseite muss es vielmehr um eine Vielzahl von kleinteiligen Lösungen gehen, die in Summe zu einer weniger CO2-intensiven Wärmeversorgung Hamburgs führen. Das beinhaltet neben dem begrenzten Einsatz von gasbasierter Kraftwärmekopplung, die Einspeisung industrieller Abwärme und erneuerbarer Wärmequellen, etwa aus Biomasse oder Geothermie, in das Wärmenetz. Gleichzeitig kann Solarthermie auf Hamburgs Dächern, unabhängig vom Wärmenetz, zur Aufbereitung von Warmwasser genutzt werden."
Es bleibt also alles spannend. Wir sind auf dem richtigen Weg!

Kerstin Lueckow,
für die BI