Sonntag, 5. Oktober 2014

Krachkohle

Die Fa. Vattenfall hält nachweislich die Genehmigungsauflagen des alten Kohlemeilers in Wedel nicht ein.

Im Februar diesen Jahres wurde eine Lärmmessung der nächtlichen Lärmwerte im Bereich Hellgrund durchgeführt. Das Ergebnis zeigt eine deutliche Überschreitung der genehmigten Lärmgrenzen. Diese Messung ist erst auf Druck einer Hamburger Anwaltskanzlei im Auftrag eines betroffenen Anwohners veranlasst wurden. Nachhaltige Beschwerden und das Aufzeigen eigener Messprotokolle haben über einen langen Zeitraum bei der zuständigen Behörde in Kiel (LLUR) zu keinen Aktivitäten in Richtung Lärmschutz geführt. Mittlerweile hat die Behörde eine "nachträgliche Anordnung" erteilt. Dies bedeutet, dass die Fa. Vattenfall bis zum 31.12.2014 die Genehmigungsauflagen beim Nachtbetrieb des Kraftwerks wieder einhalten muss. Während der Revisionszeit des Kohlekraftwerks im Sommer wurden einige Maßnahmen zum Lärmschutz durchgeführt. Ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen erfolgreich waren, kann erst bei einem Volllastbetrieb des Kraftwerks im Winter beurteilt werden.

Die Überschreitung der genehmigten Lärmgrenzen im Nachtbetrieb ist nicht das einzige (Lärm-)Problem. Seit der Durchführung einer großen Revision im Sommer 2012 klagen einige Nachbarn bis weit in die Rissener Wohngebiete hinein über einen durchdringenden "Brumm- oder Sirrton" in den Häusern. Besonders lästig ist dies in Schlafzimmern, da dieser Ton zu Schlafmangel führt und teilweise einen starken Druck auf den Ohren auslöst. Auch wackeln bei einigen Nachbarn zeitweise nachts die Betten und viele AnwohnerInnen beschweren sich über "Scheibenklirren". Der Grund für diese Phänomene ist eine Übertragung von Körperschall auf die nördliche Fassade der Turbinenhalle des Kohlekraftwerks. Diese muss daher entkoppelt werden. Obwohl das Problem längst bekannt ist, hat die Fa. Vattenfall bei der Revision des Kohlekraftwerks im Juli und August keine technischen Schritte unternommen, um die Übertragung von Körperschall zu verhindern. Vattenfall verweist jetzt auf die Revision im nächsten Sommer, da ein Stillstand der Anlage erforderlich sei. Noch ein weiteres Jahr warten? Das ist für viele nicht hinnehmbar. Ein entsprechendes Rechtsverfahren wurde angestoßen.

Ein weiteres Problem ist der Lärmpegel der Kohlelogistik:
Auf der Kohlehalde in Wedel herrscht viel Betrieb. Die Schichtung und Umschichtung der Kohle erfolgt mit einer sogenannten "Kohleraupe". Da die Ketten dieser Raupen nicht mit Laufpolstern versehen sind, ist das dazugehörige "Knattern" teilweise bis in weit entfernte Wohngebiete zu hören.

Ebenfalls gibt es große Probleme beim Thema Schiffsentladungen:
Die Versorgung des Kohlekraftwerks mit Kohle erfolgt über die Löschung von Kohlefrachtern im Tiefseehafen auf dem Kraftwerksgelände. Dieser Hafen ist nachträglich im Zuge der Errichtung des bestehenden Kraftwerks sehr dicht an die Wohnhäuser heran gebaut worden. Davor erfolgte die Anlieferung der Kohle per Bahn.
Im Laufe der letzten Jahre hat die Lärmbelästigung durch die Kohleentladungen deutlich zugenommen. Der Grund dafür ist u.a. Verschleiß an der Ladebrücke und das häufige Entladen von kleinen Schuten zusätzlich zu den üblichen großen Frachtern. Kleine Schiffe könnten weit entfernt von der Wohnsiedlung Hellgrund entladen werden, da die Kaianlage eine Länge von einigen Hundert Metern aufweist. Die Realität sieht leider häufig anders aus.

Aufgrund von jahrelangen Beschwerden und Presseberichten wurde im Mai 2014 die Lärmmessung einer Schiffsentladung vorgenommen. Diese wurde von der Fa. Vattenfall veranlasst. Ein Vertreter des Konzerns und ein Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde in Kiel waren vor Ort. Obwohl anwesende Nachbarn mehrmals darauf aufmerksam gemacht haben, dass der Lärmpegel der Entladung im Gegensatz zu sonst deutlich reduziert war, wurde diese Messung durchgeführt. Das Ergebnis zeigt eine Überschreitung der genehmigten Lärmgrenzen von 4 dB. Eine gutachterliche Überprüfung von unserer Seite hat eine deutlich höhere Überschreitung der Werte angezeigt. Ein Hauptgrund liegt in der Tatsache, dass bei der Messung des Schiffslärms der Frachter im Abstand von 220 Metern entladen wurde. Die Kaianlage führt allerdings deutlich näher an die Wohnbebauung heran. Auch waren störende Lärmquellen während der Messung abgestellt. Kaum war die Messung beendet, war der Lärm wieder da. Dafür gibt es viele Zeugen.
Der zuständige Mitarbeiter der Kieler Aufsichtsbehörde kann trotz anwaltlicher Einwendung und gutachterlicher Stellungnahme bis heute keine Defizite am Messtermin erkennen.

Dieses Verhalten hat bei den betroffenen AnwohnerInnen zu einem Vertrauensverlust in Messungen durch die Fa. Vattenfall geführt. Der Wedeler Umweltausschuss hat sich am 25.09.2014 auf Antrag der Wedeler Grünen und der SPD mit dem Thema Lärm des Kohlekraftwerks und dem Problem der durchgeführten Messungen beschäftigt. Dazu war ein Vertreter der Kieler Behörde und ein Vertreter der Fa. Vattenfall anwesend. Lothar Barop, SPD-Vorsitzender in Wedel, hat auf der Sitzung folgenden Vorschlag unterbreitet: Die demnächst anstehenden Messungen sollten von einem Gutachter durchgeführt werden, der das Vertrauen der Betroffenen besitzt. Diese sollten "verdeckt" in Absprache mit den Anwohnern erfolgen.

Dieser Forderung kann ich mich nur anschließen, zumal verdeckte Messungen einer guten Ingenieurspraxis entsprechen. Jetzt ist die Fa. Vattenfall am Zug. Eine solche Maßnahme könnte zu einer Entspannung der Lage vor Ort beitragen.
Kerstin Lueckow

Folgende Artikel sind dazu erschienen:

Hamburger Abendblatt (20.09.2014)

Anwohner können einem leidtun

Hamburger Abendblatt (20.09.2014)

Kraftwerkslärm nervt die Wedeler

Wedel-Schulauer Tageblatt (03.05.2014)

Der lärmende Nachbar Vattenfall

Hamburger Abendblatt (18.04.2014)

Anwohner klagen über zunehmenden Lärm durch das alte Kraftwerk

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